Monat: Juli 2013

  • Kochbuch-Tipp: “Le grand bordel”

    Kochbuch-Tipp: “Le grand bordel”

    Dieses Kochbuch ist poetisch, opulent und surreal. Eine ganz eigene Welt zwischen zwei Buchdeckeln. Wenn man es aufschlägt, spürt man den Sog der Geschichten und die Anmut der Fotografien – man beginnt zu träumen: Der Leineneinband fühlt sich schön an, in goldener Schrift ist der Titel „Le grand bordel“, das große Durcheinander, eingeprägt. Dann stellen sich im Vorwort die Autoren vor, die Betreiber der Brasserie La Provence in Hamburg Ottensen. Auch ihre Gäste und Freunde in Norddeutschland und Frankreich sind sozusagen “Co-Autoren”, denn an den Tischen der Brasserie werden zu später Stunde und nach einigen Flaschen eines Côtes de Provence die schönsten Geschichten erzählt.

    Ihnen ist die erste Hälfte des Buchs gewidmet. Skurrile Geschichten von Protagonisten, die Meister des Genusses sind: Man findet sich in Picassos Atelier wieder, entdeckt einen rohen Fisch zwischen Dior-Roben und wird Augenzeuge, wie Mafiosis speisen. „Nehmen Sie aber bitte bloß nicht an, dass alles, was hier erzählt wird, passiert sei“, heißt es im Vorwort. Doch das, was man sich vorstellt und das, was man träumt – ist das nicht ebenfalls wahr? Fotograf Gerd George hat aus den wunderbaren Geschichten großartige, üppige Fotografien gemacht – Fotos, in denen man das Essen im großen Durcheinander erst finden muss.

    „Le grand bordel“ ist eine Hommage an die französische Küche, die verträumt und doch nicht abgehoben ist. Kein Haute Cuisine-Tam Tam, sondern die Liebe zur einfachen, klassischen provenzalischen Sonnenküche. Der zweite Teil des Buchs ist den Rezepten gewidmet. Hier werden „Confierte Gewürzkirschen mit Roquefort“ und „Kaninchenkeule mit leichter Thymian-Senf-Sauce“ serviert. Ein Highlight: Die „Muscheln in brennenden Piniennadeln“. Außerdem wird verraten, wie ein echt gutes „Croque-Monsieur“ gelingt. Bon! Das soll´s gewesen sein. „Le grand bordel“ ist deshalb so wunderbar, weil man darin die Schönheit des Durcheinander erkennt. Ist es nicht das, worauf es im Leben und beim Kochen ankommt?

    Le grand bordel
    232 Seiten mit 120 Fotos, Leineneinband
    Becker Joest Volk Verlag
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    Fotos: Gerd George

  • Was sind Sulfite und warum enthält Wein Schwefel?

    Was sind Sulfite und warum enthält Wein Schwefel?

    Schwefel ist eine Notwendigkeit im Wein. Er dient der mikrobiologischen Hygiene ebenso, wie unserem Wohlbefinden. Die Frage ist nur, wann er wie in welcher Dosis dem Wein zugesetzt wird. Schwefel ist seit der Antike untrennbar mit dem Wein verbunden, trotzdem muss er auch heute nach wie vor für Vorurteile herhalten: »Schwefel im Wein macht Kopfschmerzen«, dürfte das Verbreitetste sein.

    Der ungebrochen schlechte Ruf der Schwefelung von Wein beruht auf Unwissenheit und Fehlinformation, vermutlich aber auch auf der Tatsache, dass die Schwefelung tatsächlich im Laufe der Jahrhunderte immer wieder wegen heftiger Überdosierung verboten werden musste. Kaiser Maximilian I., ein bedeutender Förderer der Wissenschaften und der Künste, erlaubte um das Jahr 1500 herum die Schwefelung von Wein, schrieb aber zugleich den mit 40 mg/l ersten Grenzwert in der Geschichte des Weines vor.

    Sorgfältig verarbeitete Trauben brauchen weniger Schwefel 

    Wenn man vom Schwefel im Wein spricht, meint man damit das Schwefeldioxid SO2 bzw. das in wässeriger Lösung gebildete Sulfit. SO2 wird dem Most heute je nach Bedarf, also je nach Qualität der Trauben und des Weines, aus handelsüblichen Druckgasflaschen in flüssiger Form als Abfallprodukt der Petroindustrie leicht dosierbar zugesetzt. Es schützt Traubenmost und Wein vor Oxidation und bewahrt im Zusammenspiel mit dem pH-Wert, also der Summe aller Säuren im Wein, vor den vielfältig bakteriellen Angriffen, denen Wein ausgesetzt ist.

    Der Bedarf an Schwefel während der Weinbereitung hängt von komplexen Faktoren ab. Wer kerngesunde Trauben mit optimalem pH-Wert von Hand erntet und diese sorgfältig verarbeitet, angefaulte Trauben aussortiert und bei der Behandlung der Trauben von der Ernte bis zum fertigen Wein maximale Sorgfalt walten lässt, der kommt mit viel weniger SO2 aus als der unambitionierte Durchschnitts-Winzer, der mit dem Vollernter liest und Most und Wein nach Rezept verarbeitet.

    Weißweine enthalten mehr Schwefel als Rotweine

    Generell benötigen Weißweine wegen ihrer höheren Oxidationsempfindlichkeit und möglicher Zuckerreste mehr Schwefel als Rotweine. Dabei schützt der Schwefel nicht nur vor Oxidation, er dient auch der Bindung des unerwünschten Acetaldehyds, das in geringen Mengen von 10 bis 30 mg/l im Wein als Gärnebenprodukt entsteht; er wirkt zudem mikrobiell, schützt also vor Bakterien und Schimmelpilzen. Allerdings verändert und beeinträchtigt er je nach Dosierung auch den Geschmack und das Aroma des Weines. Je feiner und delikater ein Wein ist, umso empfindlicher reagiert er auf die Schwefeldosierung.

    Tatsächlich kann Schwefel einen Wein in seiner Entwicklung regelrecht blockieren und in Duft und Mundgefühl maskieren. In jungen Rieslingen kann man Schwefel oft als typisch rauhe Säurespur oben auf der Zunge spüren. Deshalb verarbeiten engagierte Spitzenwinzer ihre gesunden Trauben so sauber und schonend wie möglich, um die Schwefelzugabe so niedrig wie möglich halten zu können.

    Kopfschmerzen nach Weingenuss haben selten mit dem Schwefel zu tun

    Im Wein unterscheidet man zwischen dem gebundenen und dem freien Schwefel. So wird er auch vom Winzer angegeben. Der gebundene Schwefel ist sensorisch nicht wahrnehmbar und gesundheitlich ohne Bedeutung, wogegen der freie Schwefel im Wein als Sulfit, also als das Salz bzw. Ester der schwefeligen Säure vorliegt und je nach Dosierung riechbar ist bzw. bei zu hoher Dosierung gesundheitliche Beschwerden auslösen kann.

    Seit Januar 2006 muss die Schwefelung auf dem Etikett als »Enthält Sulfite« ausgewiesen werden und die EU hat für alle Arten von Weinen Höchstwerte definiert. Enthält ein Wein weniger als 10 mg/l darf er sich als »schwefelfrei« bezeichnen und der Sulfit-Hinweis darf entfallen. Wer Kopfschmerz nach Weingenuss erlebt, hat entweder zu viel Alkohol erwischt (und dazu geraucht) oder einen Wein getrunken, der zu wenig geschwefelt war (und/oder zu hohe pH-Werte aufwies) und deshalb Acetaldehyd und biogene Amine enthielt. An zu viel Schwefel liegt es nur selten.

    Fotos: K&U Weinhalle